Herr Staatsanwalt geiht angeln (1. WA)
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- Kategorie: Archiv
- Veröffentlicht: Freitag, 16. Oktober 2009 17:22
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1. Wiederaufführung (2), davor 1958/59 gespielt
HERR STAATSANWALT GEIHT ANGELN
Komödie in drei Akten von Wilfried Wroost
Darsteller:
Dora Papendiek Wwe. - Hildegard Steffens
Hilde Puttfarken, Hausmädchen - Hanna Christoffers
Heino Thomsen, Gemeindebote - Klaus Aden
Adolf Rohwedder, Dachdeckermeister - Günter Boye
Staatsanwalt Dr. Archibald Eyssenhart - Hans Macker
seine Tochter - Agda Tauscher
ihr Verlobter - Horst Jönck
Klaus Aden und Hans Macker in "Herr Staatsanwalt geiht angeln" - Spielzeit 1970/71
WILHELMSHAVENER ZEITUNG vom 29. September 1970
Ein Stück mit treffsicheren Pointen
Niederdeutsche Bühne eröffnete Spielzeit mit großem Erfolg
Die Niederdeutsche Bühne Rüstringen eröffnete am Wochenende ihre neue Spielzeit mit Wilfried Wrooste Lustspiel „Herr Staatsanwalt geiht angeln", ein Stück mit treffsicheren Pointen und Darstellern, die sie sicher ausspielten.
von Barbara Schwarz.
Das turbulente Geschehen spielt in der Pension „Sorgenfrei". Aber frei von Sorgen sind weder die patente Wirtin„ die noch jugendliche Witwe Dora Papendiek (Hildegard Steffens), noch ihr Mädchen Hilde (Hanna Christoffers), deren Verehrer Heino (Klaus Aden) und erst recht nicht Dachdeckermeister Adolf Rowedder (Günther Boye).
Der biedere Dachdeckermeister mietet sich in der Pension „Sorgenfrei" für zwei Monate ein, dieweil ein Halbbruder für ihn eine Gefängnisstrafe wegen Trunkenheit am Steuer absitzt, ein Delikt, das er gar nicht begangen hat, denn der brave Meister sprang nur für seinen Sohn in die Bresche. Und gerade in diese Pension muß nun ausgerechnet der Staatsanwalt kommen, der für ihn im Prozeß vier Monate beantragt hatte. Daß die Geschichte verwickelt wird, kann man sich denken. Wie alles sich auflöst? - Die nächsten Aufführungen ansehen.
Günter Boye als Dachdeckermeister in der Zwickmühle ist plietsch und pfiffig. Hildegard Steffens als Pensionswirtin frisch und patent, Hans Macker als Staatsanwalt wirklich glaubhaft und ein wenig selbstironisch, Klaus Aden als Heino sehr, sehr komisch. Mit ihm hat die Niederdeutsche Bühne wirklich einen sehr talentierten Nachwuchsspieler gewonnen.
Agda Tauscher, sonst auf sympathisch-liebe Rollen spezialisiert, spielt diesmal die herrschsüchtige Tochter eines cholerischen Vaters und Horst Jönck ihren sympathischen Verlobten, dem plötzlich die Augen aufgehen. Hanna Christoffers stellt glaubwürdig das naive, mehr in ein Auto, als den jeweiligen Mann verliebte Mädchen Hilde dar.
Für das Spiel entwarf Hannes Kaebe ein wirklichkeitsgetreues Bühnenbild. Man muß wirklich bewundern, wie hervorragend er das immer wieder macht. Ebenso alle Spieler, die aus reiner Liebe zum niederdeutschen Theater, ohne praktisch etwas dafür zu bekommen, viele Abende in ihrer Freizeit proben und wirklich mit Leidenschaft dabei sind. Daß die Niederdeutsche Bühne darüber hinaus noch einen so erfahrenen und sicheren Regisseur wie Rudolf Sang hat, das alles in allem ist eigentlich immer Garantie für einen gelungenen Theaterabend.
Und wenn dann die Stücke, so wie dieses, „so richtig schön wie aus'm Leben gegriffen" sind, kann eigentlich kaum noch etwas schiefgehen. Kleine Versprecher - was macht das schon. Es ist ja nicht Goethes „Faust sondern niederdeutsches Lustspiel, das die Leute für ein paar Stunden ihre Sorgen vergessen läßt. Und das tat es.
v.l. Hanna Christoffers, Klaus Aden, Hildegard Steffens
NORDWEST-Zeitung vom 29. September 1970
Unruhe im Haus Sorgrenfrei
Niederdeutsche Bühne eröffnete ihre Spielzeit
von Wilhelm Böhme
W i l h e I m s h a v e n. Mit dem Lustspiel "Herr Staatsanwalt geiht angeln" von Wilfried Wroost eröffnete die Niederdeutsche Bühne Rüstringen am Wochenende ihre neue Spielzeit. Unter der Regie von Rudolf Sang sorgten die bereits aus der vergangenen Theatersaison bestens bewährten Darsteller dafür, dass wieder einmal die Freunde des niederdeuschen Schwanks auf ihre Kosten kamen. Das Publikum zeigte sich jedenfalls bei der Premiere beifallsfreudig, wenn auch die Dialoge zeitweilig etwas zähflüssig wirkten.
Es ging um ein recht turbulentes Geschehen in der „Pension Sorgenfrei", in der weder die Wirtin noch die Gäste bei den vielen Verwicklungen und Verwechslungen von Sorgen frei sind. Der biedere Dachdeckermeister Adolf Rowedder (Günther Boye) verschuldete dabei den ganzen Wirbel. Er mietet sich für zwei Monate bei der Pensionswirtin und Witwe Dora Papendiek (Hildegard Steffens) ein, der er pfiffig anvertraut, daß er bei ihr Quartier bezieht, weil sein Halbbruder für ihn gegen Honorar eine Gefangnisstraße absitzt. Dabei hat Meister Rohwedder nicht einmal die bewußte Straftat begangen und ist nur für seinen Sohn als Angeklagter in die Bresche gesprungen. Aus dem Blechnapf löffeln wollte er allerdings nicht.
Ausgerechnet zieht auch Staatsanwalt Dr. Archibald Eyssenhardt (Hans Macker), als „Petri Jünger" in die Pension ein. Somit kommt es im „Haus Sorgenfrei" zu einer zwangsläufigen Begegnung, doch versteht sich der Meister mit List und Tücke sowie Unterstützung der Pensionswirtin und deren Hausmädchen (Hanna Christoffers) aus der Affäre zu ziehen. Hildegard Steffens als Wirtin bringt Natürlichkeit und viel Herz mit ins Spiel. Auch Günter Boye steht als Meister mit seiner demonstrierten Bauernschläue und seinen urkomischen Täuschungsakten nicht in seiner Rolle zurück. Hans Macker spielte glaubhaft den gesetzeskundigen Staatsanwalt und er fühlte sich dabei offensichtlich selbst als Vertreter des Gesetzes recht wohl. Seine Pointen kamen jedenfalls beim Publikum treffsicher an.
Als „Husdeern" spielte sich Hanna Christoffers schwungvoll in die Szenen hinein. Zur allgemeinen Erheiterung recht hautnah, denn sie ließ geübt und gekonnt Geldscheine im Strumpfband verschwinden. Der von Klaus Aden verkörperte etwas dösige Gemeindebote Heino Thomsen fügte sich talentiert im Lustspiel ein. Schließ
lich sorgten als jugendliches Paar Agda Tauscher mit ihrem Partner Horst Jönck noch für eine lebhafte Note auf der Bühne.
Die Gesamtleistung des Ensembles stellte somit wieder einmal die Freunde der Niederdeutschen Bühne zufrienden. Bei den oft zähen Dialogen, die einer gestrafften Form bedürften, hatten es die Darsteller jeocch keineswegs leicht, sich in ihren Rollen voll entfalten zu können. Für ein stilechtes Bühnenbild sorgte in gekonnter Weise Hannes Kaebe.
v.l. Horst Jönck, Agda Tauscher
v.l. Günter Boye, Hans Macker, Hildegard Steffens
WILHELMSHAVENER RUNDSCHAU vom 28. September 1970
Heiterkeit läßt die Angel des Staatsanwalts nicht wieder los
von Ernst Richter
Vorhang auf! zur Spielzeit 1970/71 der Niederdeutschen Bühne Rüstringen. Rudolf Sang inszenierte das Erfolgsstück „Herr Staatsanwalt geiht angeln" von Wilfried Wroost. H a n n e s K a e b e baute ein freundliches Bühnenbild mit Inventar: Das Gastzimmer der Pension „Sorgenfrei". Und es kommen Gäste: Einer, der eigentlich zwei Monate brummen sollte, dafür aber eine Vertretung gedingt hatte. Ein junges Liebespaar. Und natürlich der Herr Staatsanwalt, eben der Vertreter der Anklage, dem der Gast vor den Schranken des Gerichts bereits begegnet war. Das gibt selbstredend die heitersten Verwicklungen. Das Publikum kann herzhaft lachen - und vor allem Hildegard S t e f f e n s in der sympathisehen, Rolle der Pensionswirtin Dora. Papendiek erleben. Frisch und ganz natürlich mit viel Herz bringt sie diese Rolle.
Günter Boye spilet den niczht aus der Ruhe zu bringenden, mit viel "Bauernschläue" ausgestatteten Dachdeckermeister Adolf Rohwedder. Gut gemacht wie er den Staatsanwalt Dr. Archibald Eyssenhardt in die Parade fährt, sich nicht einschüchtern lässt und zum Schluss... (Hier soll den Theaterbesuchern nicht die Pointe vorweggenommen werden).
Hans Macker stellt richtig glaubhaft diesen gesetzeskundigen Staatsanwalt dar. Wenn Hans Macker in der Premierenvorstellung es mit den Namen seiner Mitspieler auch nicht so genau nahm und sie gelegentlich durcheinanderwarf, einem „Staatsanwalt" darf man diese Versprecher zubilligen. Hans Macker spielt sich spürbar mit eigener Freude in die Rolle hinein und darf am Schluß herzlichen Beifall kassieren - wie natürlich das ganze Ensemble.
Hanna Christoffers wirbelte wieder einmal quicklebendig über die Bühne, diesmal als Huusdeern Hilde Puttfarken. Ohne Furcht und Tadel weiß sie ihr Publikum zu fesseln, ob aus dem Überschwang einer verliebten Stimmung heraus - oder wenn sie mit kühnem Griff die Geldscheine im Strumpfband verschwinden läßt, Hanna kam immer an. Den etwas „depperten" Gemeindeangestellten Heino Thomsen spielt K l a u s A d e n mit freundlichem Augenzwinkern. Für jugendlichen Charme sorgt Agda Tauscher mit ihrem Partner Horst J ö n c k. Hier wird einmal mehr der lebendige Beweis erbracht, daß das niederdeutsche Theater jung bleiben will und wirklich nichts mit „anno dazumal" oder der. „Gartenlaube im Deichstüben" zu tun hat.
Nur unter einem Handikap hat die Aufführung im Stadttheater zu leiden wie eigentlich alle anderen Aufführungen der „Rüstringer": Die Diutstanz zum Publikum ist zu groß, weil auf der hinteren Hauptbühne gespielt wird! Das mag wohl ein technisches Problem sein. Tatsache aber bleibt, daß es unsere Laienspieler besonders schwer haben, den toten Raum zu überbrücken. Der Kontakt zum Publikum bleibt dabei teilweise auf der Strecke. Es ist wie ein Beobachten durch eine unsichtbare Wand. Wieviel mehr Stimmung ist dagegen, wenn die „Niederdeutschen" unterwegs spielen, wo sie sozusagen hautnah vor dem Publikum agieren.
Deshalb zum Schluß die freundliche Aufforderung an das Ensemble und die Technik des Stadttheaters: Kommt heraus aus dem Hintergrund! Laßt die „Rüstringer" im vorderen Rampenlicht spielen!
v.l. Günter Boye, Agda Tauscher, Hans Macker, Horst Jönck und Hildegard Steffens
v.l. Horst Jönck, Agda Tauscher und Güner Boye
v.l. Günter Boye, Hans Macker