Wenn de Hahn kreiht (Wilhelmshavener Erstaufführung)
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- Veröffentlicht: Donnerstag, 15. Oktober 2009 16:35
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Wilhelmshavener Erstaufführung
WENN DE HAHN KREIHT
Komödie in drei Akten von August Hirnichs
Regie Heinrich Frese
Lüüd in´t Speel
Jasn Kreyenborg, Gemeendevörstand - Hermann Beuß
Gesine, sin Fro - Therese Peters
Lena, sin Dochter - Elisabeth Varnhagen
Willem Tameling, sin Knecht - Waltermar Schröder
Tierarzt Renken - Willy Völker
Amtshauptmann Kröger - Willy Robe
Wachtmeister Stindt - Hinrich Lottmann
Gustav Piepers, Buernsöhn - Herbert Ihnen
Peter Witt, Snieder - Ernst Fischer
Trina Witt, sin Fro - Hermine Lottmann
Premiere 30. September 1934
Aufführung in den Centralhallen an der Peterstraße
PRESSEMELDUNGEN
Festaufführung der Niederdeutschen Bühne
"Wenn de Hahn kreiht" - Bauernkomödie in drei Akten von August Hinrichs
von H.W.
August Hinrichs, ein Kind unserer Nachbarstadt Oldenburg, der früher im Alltag an der Hobelbank arbeitete und, wenn ihn die Lust ankam, den Hobel mit der Feder vertauschte, hat einen unbestechlichen Blick für die Dinge und Menschen an sich. Es bedeutet nun keineswegs eine Schmälerung seines Gesamtwirkens, wenn wir behaupten, daß August Hinrichs dann am nachhaltigsten zu unserem Gemüt und zu unserem Verstand redet, wenn er niederdeutsch zu uns spricht. August Hinrichs zeigt in einem Baunernstück "Wenn de Hahn kreiht" ein Komödie, an der sich jeder immer wieder erfeuen und aufrichten kann.
Das Erntedankfest mit einer Festaufführung dieser Komödie in den Zentralhallen zu beschließen, war ein schöner Gedanke des Leiters der Niederdeutschen Bühne,des Heimatvereins Rüstingen, des Rektors Heinrich Frese. Die Spielschar genannter Bühne ist festgefügt und hinsichtlich der Hauptdarstller bisher keiner Veränderung unterworfen gewesen. Es ist sicherlich der Wunsch aller Freunde der Niederdeutschen Mundart, daß sich um den alten, sturmerprobten Stamm in seiner bisherigen Starke weitere Kräfte sammeln, damit er seine Zweige weit ausbreiten kann.
Die Spielschar der Niederdeutschen Bühne kann sich getrost jeder Kritik stellen. Unser prächtiger Hermann Beuß, der nicht nur ein ausgezeichneter Menschengestalter, sondern auch ein Künstler der Make ist, zeigt wieder einmal was aus einer Aufgabe zu machen ist, wenn sie dem Richtigen anvertraut wird. In Haltung, Mimik und in seiunem ganzen Auftreten war sein Kreyenborg ein Erzschelm, zeitweilig ein kleiner Mephisto, zweitweilig ein Wüterich. Ein Prachtexemplar stellte Therese Peters mit ihrer Gesine Kreyenborg auf die Beine. Sie schien des Teufels Unterfutter angzogen zu haben. Neben einem solchen Schwerenöter, wie es ihr Jan ist, muß schon ein derartiges couragiertes Weib stehen. Therese Peters versteht sich auf Charaktere, die bei aller Derbheit doch auch Eigenschaften aufweisen, die freundlich berühren. sie verbreitet stets mit ihrer Leistung einen ungettübten Genuß. Und Waldermar Schröder als Knecht Tameling, der nur schwer aus der Ruhe zu bringen ist, bewies auch gestern wieder, daß er der geborene Darsteller solcher Charaktere ist, denen man nicht leicht beikommt.
Nach geraumer Zeit hatte Hermine Lottmann von neuem Gelegenheit, ihre besondere Begabung für resolute Frauen darzutun. Die personifizierte Wichtigkeit war Willy Robe als Amtshauptmann Kröger, bieder und brav führte sich der Wachtmeister Stindt von Hinrich Lottmann auf. Nornehm, zurückhaltend benahm sich Tierarzt Renken, den Willy Völker spielte. Ernst Fischer als Schneider Witt zeigte ein Hasenherz, das vor Angst und Schrecken wie rasend schlug. Kreyenborgs Töchtelein Lena hatte in Elisabeth Varnhagen eine Vertreterin, die ihre Abstammung nicht verleugnen konnte. Mit dem Bauernjnungen Gustav Pepers gab sich Herbert Ihnen alle Mühe.
Vor der Aufführung wies Rektor Frese kurz auf die Bedeutung des Erntedankfestes hin. Dem Charakter der Festvorstellung war durch hübsche Ausschmückung des Saales entsprochen worden. Das Orchester der Lehrlingskapelle der Werft, das der Obhugt des Lehrers Dratwa anvertraut ist, verkürzte die Zeit vor der Vorstellung und die Pausen durch flottes Spiel vertrauter Weisen. Stürmischer Beifall des fast bis auf den letzen Platz besetzten Saales beweis, daß die Niederdeutsche Bühne ihr Heimatrecht erkämpft hat, das ihr von keinem bestritten werden kann.