Moral in Müggenhuusen (WE)
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- Kategorie: Archiv
- Veröffentlicht: Freitag, 16. Oktober 2009 18:22
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Wilhelmshavener Erstaufführung
MORAL IN MÜGGENHUUSEN
Lustspiel in drei Akten von Jens Exler
Inszenierung: Karl-Heinz Herpel
Bühnenbild: August Ahlers
Bühnenbildbau: Enno Buß, Alfred Christoffers, Karl-Heinz Goldenstein
Requisiten: Marga Goldenstein
Inspizientin: Berta Herpel
Beleuchtung: Erwin Telgmann, Peter Pfaus
Souffleuse: Hertha Tapken
Rollen und Darsteller
Schorsch Noogens, Bürgermeister und Gastwirt in Müggenhuusen - Enno Buß
Hedi, seine Frau - Hanna Christoffers
Fred, sein Sohn - Arnold Preuß
Addi Moog, Gemeinderatsmitglied - Heino Aden
Mimi, seine Frau - Karin Heyel
Harm Renner, Gemeinderatsmitglied - Wilhelm Pick
Selma, seine Frau - Annchen Warrings- Konken
Anni Rehbehn, Posthalterin - Helene Schneider
Uschi Kröger, Lehrerin - Roswitha Bertz
Jonny Neelsen, Hegeringsleiter - Karl-Heinz Herpel
Das Ensemble im Bühnenbild von "Moral in Müggenhusen"
WILHELMSHAVENER ZEITUNG
Premiere der Niederdeutschen Bühne war ein voller Erfolg
"Moral in Müggenhuusen" bereitete Publik vergügten Abend
Von Ingrid Paus-Haase
Um Moralisch Zweideutiges geht es in Jens Exlers Lustspiel "Moral in Müggenhuusen", das die Niederdeutsche Bühne am Sonntagabend vor einem vollbesetzten Haus aufführte. Langanhaltender Beifall dankte den Schauspielern für ihre witzighintergründige Spielweise und den geglückten Start in eine neue Spielzeit.
Müggenhuusen, ein kleines verschlafenes Nest, irgendwo auf dem platten Land, wird mit einem Mal zum Schauplatz tiefgreifender Konflikte: Ein Striptease Lokal hat dort seine Pforten weit geöffnet, ganz und gar nicht zur Freude von Fräulein Anni Rehbehn, Posthalterin in Müggenhuusen und vor allem die oberste Wächterin der Moral in diesem kleinen Ort.
Hier wird gegen das Striplokal gewettert (v.l. Arnold Preuß, Roswitha Bertz, Helene Schneider, Hanna Christoffers)
Sie versucht, die Frauen der Gemeinderatsmitglieder gegen diesen Sündenpfuhl aufzuhetzen. Und sie trifft damit auf recht fruchtbaren Boden; denn die Hüter der allgemeinen Ordnung in Müggenhuusen, die Herren Gemeinderäte, werfen nur zu gerndienstlich versteht sich einen Blick hinter die Kulissen des fragwürdigen Etablissements
Ein Spiel voller Überraschungen
Diese Auseinandersetzungen, die nicht zuletzt auch die Ehen der hohen Herren im Dorfe ins Wanken bringen, war Jens Exler dennoch nicht Konfliktstoff genug. Er brachte als weiteres spannendes Element, zeitnah und kritisch, das Problem "Umweltschutz" in sein Lustspiel mit hinein: Da geht es um eine Kiesgrube, bisher mit Wasser gefüllt, die der Dorfjugend zum Baden diente. Mit einem Mal aus einem einsamen Entschluß des Bürgermeister Noogens heraus, darf eine Chemiefirma ihren Giftmüll dort deponieren.
Mitten in diesen beiden Hauptkonflikten stehen nun die Akteure in Müggenhuusen: Dem Publikum wird ein Spiel voller Überraschungen und Höhepunkte gezeigt, das nicht selten zu Szenenapplaus Anlaß gab. Treffend gelingt es da vor allem Helene Schneider, die alte Jungfer darzustellen, die, über soviel Unmoral in Müggenhuusenbitter entsetzt, für die Sauberkeit im Dorf kämpfen will. Sie läßt in ihrem Spiel deutlich durchblicken, daß purer Neid sie treibt.
Hier hängt nicht nur der Haussegen schief (v.l. Heino Aden, Karin Heyel, Wilhelm Pick, Annchen Warrings-Konken)
Ihr Gegenpart, modern, aufgeschlossen und voller Humor, oft auch voller Ironie, ist Fred Noogens, der Sohn des Bürgermeisters, gespielt von Arnold Preuß. Er legt zur rechten Zeit immer den Finger in die rechte Wunde und sagt der "Rehbehnschen"auf den Kopf zu, wo die wirklichen Gründe für ihr "moralisches" Verhalten liegen. Arnold Preuß sorgt in seiner spritzigen Spielweise dafür, daß die Spannungen wachsen und die Konflikte sich zuspitzen.
Dickköpfig und letztlich dennoch gutmütig, zeigt sich dei Bürgermeister Schorsch Noogens, den Enno Buß in seiner bewährten witzigen und auch ein wenig tapsigen Weise nicht besser hätte spielen können. Er steht nun im Mittelpunkt der Konflikte: Der konservative Teil der Bevölkerung verlangt die Schließung des Etablissements und er selber mag nicht auf sein Vergnügen, dort täglich seine Sitzungen zum Wohle der Gemeinde abzuhalten, verzichten.
Ähnlich geht es seinen beiden Mitstreitern Addi Moog, überzeugend gespielt von Heino Aden, und Harm Renner, den Wilhelm Pick voller Spielfreude und Humor lebendig werden läßt. Alle drei hängen an dem fragwürdigen Lokal und kämpfen gegenseitig um die Gunst seiner Leiterin. Für Überraschungen sorgen dann vor allem die drei Frauen der Gemeindepolitiker, die zu. nächst sauertöpfisch über ihre untreuen Männer lamentieren dann aber auf den Rat des Fräulein Lehrerin, und Freundin vor Fred, Fräulein Kröger temperamentvoll gespielt von Roswitha Bertz sich auf weibliche List besinnen.
Am Ende klärt sich alles auf und alle sind zufrieden - die Zuschauer auch? - v.l. Heino Aden, Karin Heyel, Wilhelm Pick, Annchen Warrings-Konken, Arnold Preuß, Roswitha Bertz, Enno Buß, Karl-Heinz Herpel, Hanna Christoffers
Mit langanhaltendem Applaus dankte das Publikum der drei Vorkämpferinnen für weiblichen Charme in Müggenhuusen, als sie alle drei völlig verändert, mit chicer Kleidung, poppiger Frisur und Duftwolken, die weit bis in den Zuschauerraum zu riechen waren, auf der Bühne auftauchen, um nun ihrerseits ihre Männer zu becircen.
Hanna Christoffers als Hedi Noogens, Karin Heysel als Mimi Moog, und Annchen Konken als Selma Renner spielen ihre Rollen so vortrefflich, daß ihre Verwandlung mit zu einem echten Höhepunkt des Theaterabend: wird.
Daß sich am Ende lustspielgemäß alles zum Guten wendet das Etablissement Pleite geht die Fabrik die Müllkippe zu einem Schwimmbad umbaut und die Ruhe in Müggenhuusen wieder einzieht, nachdem Fräulein Rehbehn das Weite gesucht hat, derart ist auch der Hegeringsleiter Jonny Neelsen, ruhig und überlegen gespielt von Karl-Heinz Herpel, der auch für die Regie verantwortlich zeichnet, nicht ganz unschuldig. Alles in allem ein mehr als amüsanter Theaterabend.