sechste Gemeinschaftsinszenierung
Wilhelmshavener Erstaufführung

DAT WARME NEST

Sozialkritische Komödie in fünf Akten von Konrad Hansen

Inszenierung: Rudolf Plent a.G.
Produktion: Willy Beutz
Bühnenbild: August Ahlers
Regieassistenz: Arnold Preuß


Bühnenbildbau: Enno Buß, Alfred Christoffers, Karl-Heinz Goldenstein
Beleuchtung: Erwin Telgmann, Peter Pfaus
Inspizientin: Bertha Herpel
Souffleuse: Helga Lauermann
Requisiten: Marga Goldenstein

Rollen und Darsteller
Paul Lüth - Ferdinand Müsker, Neuenburg
Elfriede Möller - Hildegard Steffens, Wilhelmshaven
Willi Pieper - Peter Blohm, Brake
Paster Kramer - Manfred Malanowski, Neuenburg
Frau Multhaupt - Gertrud Büsing, Varel
Schulz, Vertreter - Arnold Preuß, Wilhelmshaven
Polizist - Heino Brackhahn, Delmenhorst
Kagoma - Heino Brackhahn, Delmenhorst
Konsistorialrat - Willi Ochsendorf, Neuenburg

Peter Blohm (Brake) als Willy Pieper im Bühnenbild von "Dat warme Nest"

WILHELMSHAVENER ZEITUNG

"Dat warme Nest" brillant aufgeführt

Eine gelungene Gemeinschaftsproduktion des Niederdeutschen Bühnenbundes

von Ingrid Paus-Haase

"Das war'mal etwas ganz anderes, kein rechtes Happy End wie sonst, aber gut", hörte man eine Reihe begeisterter Zuschauer sagen, die nach lang anhaltenden Beifallsspenden das Theater verließen. Mit "Dat warme Nest" führt der Niederdeutsche Bühnenbund eine Komödie auf, die von ihrer treffenden Zeichnung der Charaktere her bereits so manchem, das Herz im Leibe lachen läßt. In einer brillanten Aufführung bereitete diese sozialkritische Komödie von Konrad Hansen dem Premierenpublikum einen mehr als gelungenen Abend.

Vom Schluß der Komödie noch ein wenig betroffen denn wie sonst war diesmal am Ende nicht alles im "rechten Lot" dauerte es ein paar Sekunden, doch dann brach eine Beifallslawine über die Schauspieler herein, die gekonnt, man möchte fast sagen professionell, sich alles abverlangt haben, was diese Rollen von ihnen forderten.

Paul (Ferdinand Müsker - Neuenburg) und Willi (Peter Blohm - Brake) spielen ein ganz raffiniertes Spiel

Im Mittelpunkt dieser sechsten Gemeinschafts-Inszenierung des Niederdeutschen Bühnenbundes Niedersachsen-Bremen steht der gerissene Paul Lüth. Er ist ein Mensch, der sich ein feines Leben zu machen versteht, weil er seinen Mitmenschen mit seiner vorgegaukelten Armut so recht einen Maßstab für ihren eigenen wirtschaftlichen Aufstieg bietet und dafür "Almosen" kassiert. Ferdinand Müsker aus Neuenburg zeichnet den ständig besonders in Gegenwart des Pastors hüstelnden Mann so überzeugend, daß es kaum jemanden der Zuschauer gelingt, mit dieser zum Schluß so armselig wirkenden Kreatur Mitleid zu empfinden.

Er zumindest erhält die gerechte Strafe. Er wird Schlichtweg von einem noch Gerisseneren ausgebootet, aus dem warmen Nest vertrieben. Elfriede Möller, seine Lebenspartnerin, bietet mit ihrem Haus und der, wenn auch bescheidenen, Witwenrente dieses warme Nest: Sie ist eine gutmütige Frau, Ende der mittleren Jahre, leicht mit ein paar zärtlichen Worten zu gewinnen. Ihr ganzes Leben hat sie Verzicht geleistet. Brav und voller Selbstaufgabe ließ sie sich die Tiraden und Armutseskapaden ihres Lebensgefährten Lüth bieten, bis . . .

Bis sie ein wenig Zärtlichkeit erhält. Der findige, gerissene und doch nicht unsympathisch wirkende Landstreicher Willi Pieper sieht die Gelegenheit für sich gekommen und gewinnt Frau Möller für sich. Schritt für Schritt. Mit den Lockungen, die das ach so bequeme Wirtschaftswunder bietet: Waschmaschine, Fernseher und, und, und... Alles muß dann selbstverständlich auf Raten durch tägliches Raumpflegen bezahlt werden. Hildegard Steffens aus Wilhelmshaven ist eine perfekte Elfriede Möller, so begierig auf ein Stück vom "großen Kuchen" des Glücks und wenn es nur ein Lächeln und ein gutes Wort dieses "kleinen Diabolos" Willi Pieper ist.

Das Ensemble vom warmen Nest (v.l. Arnold Preuß,Heino Brackhahn, Ferdinand Müsker, Hildegard Steffens, Peter Blohm, Manfred Malanowski, Willy Ochsendorf)

Sie spürt es wohl gar nicht, wie sie von der einen Abhängigkeit (Paul Lüth mit seiner "Armut") in die neue, ein wenig reizvollere Abhängigkeit (Willi Pieper als ihr Manager) hinein treibt. Peter Blohm aus Brake spielt diesen Landstreicher, der mit seinem teuflischen Lachen und seinen listig blitzenden Augen die ganze Situation im "Armenhaus" Lüth Möller umkehrt und für sich auszunutzen weiß, brillant.

Unordnung bringt Willi Pieper auch in das Leben des Dorfpastors Kramer. Er wußte in seiner salbungsvollen Art so gut auf der Welle von Paul Lüth mitzuschwimmen und seine Vorteile daraus zu ziehen. Und sei es nur, um sich 'mal "durchzufressen": Ein "guter Landpastor" ist nicht pingelig, wenn es ums Zugreifen am Tisch geht, er verschmäht auch die Kekse der "ganz Armen" nicht.

Manfred Malanowski aus Neuenburg überzeugt mit seiner vor Mitleid triefenden Spielweise. Er bringt auf ganz köstliche Weise den Typ eines Dorfpastors auf die Bühne, der haarscharf seine Interessen verfolgt, nach außen hin aber ein überzeugender Vertreter der Demut ist.

Arnold Preuß als Schulz, Heino Brackhahn aus Delmenhorst als Polizist und schwarzer Pfarrer Kagoma, Willi Ochsendorf aus Neuenburg als Konsistorialrat und Gertrud Büsing aus Varel als die neureiche Frau Multhaupt spielten ihre Rollen ebenso gut wie die Träger der: Hauptrollen.

Eine überzeugende Inszenierung unter der Regie von Rudolf Plent aus Oldenburg und in der, Produktion von Willy Beutz vor einem gut getroffenen Bühnenbild von August Ahlers in der Ausführung von Enno Buß, Alfred Christoffers und KarlHeinz Goldenstein.

Wer in der Wanne sitzt, ist Herr des Hauses - wie lange noch? (v.l. Ferdinand Müsker, Peter Blohm)